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Joseph von Eichendorff :: Критика
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Критика
Die „Kurzballade“ „Sehnsucht“ von Joseph von Eichendorff wurde 1834 veröffentlicht und ist der Epoche der Romantik zuzuordnen. Sie besteht aus drei Strophen mit je acht Versen, wobei es sich um je zwei Kreuzreime, also das Reimschema ABAB CDCD, handelt.
Die einzelnen Verse und Strophen haben die gleiche Länge, sodass eine syntaktische Regelmäßigkeit herrscht. Das Gedicht ist durchgängig in der ersten Person Singular verfasst. Der Modus jedoch wechselt im vorletzten Vers der ersten Strophe kurzzeitig vom Indikativ zum Konjunktiv und wieder zurück. Bei der Wiedergabe von wörtlicher Rede - die hier nicht mit Anführungszeichen gekennzeichnet ist - findet ebenfalls ein Tempuswechsel vom Präteritum zum Präsenz statt.
Das lyrische Ich steht einsam am Fenster und beobachtet in ruhiger und verträumter Atmosphäre seine äußere Umgebung, während es sich offensichtlich nach (unerreichbarer) Ferne sehnt, womit auch der Titel zu begründen ist.
In der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich, was es von draußen hört und sieht, wobei eine gewisse Melancholie und Sehnsucht zum Ausdruck kommt.
Die beiden Sätze sind invertiert, wobei der dritte Vers einen Zeilensprung (Enjambement) zur vierten macht.
Es befindet sich in einem Innenraum, während das Geschehen sich außerhalb abspielt, sodass die in Vers 2 genannte Einsamkeit durch de räumliche Abgrenzung zusätzlich deutlich wird.
Die Bedeutung des Wortes „Ferne“ wird durch das vorangehende Adjektiv „weite“ verstärkt. Diese ersehnte Ferne gilt als romantisches Motiv benannt, wobei das akustische Signal des Posthorns, da es für Reise steht, den Wunsch nach Teilnahme am Reisen auslöst, denn es gibt dem lyrischen Ich im übertragenen Sinne einen Stich ins Herz (V. 4/5). Bei „Herz mir im Leib entbrennte“ (V. 5) handelt es sich um ein Metapher. Ein Feuer oder eine Verbrennung sind ein stechender Schmerz, welcher sich nun im Körper des lyrischen Ichs bemerkbar macht und durch das seelische Leiden ausgelöst wurde.
Jedoch scheint es diesen Wunsch nicht aussprechen zu wollen, wie „heimlich gedacht“ (V. 6) preisgibt, womöglich, da dessen Erfüllung zu utopisch erscheint.
Der folgende Ausruf in Zusammenhang mit „Ach“ (V. 7/8) verstärkt den Eindruck der Sehnsucht und des Herzschmerzes, da es sich um einen Laut des Klagens handelt und die aus dem Mitreisen resultierende Folge nicht benannt wird. Somit bleibt diese also theoretisch offen, jedoch kann man aus dem inhaltlichen und geistesgeschichtlichen Kontext logisch erschließen, dass die Erfüllung des Reisens für das lyrische Ich durchaus erwünscht ist. Die Worte „Sterne“ (V. 1) und „Sommernacht“ (V. 8) repräsentieren das romantische Motiv der Nacht sowie das der Jahreszeiten.
In Strophe II beschreibt das lyrische Ich zwei Gesellen, die es vermutlich gern begleiten würde, wie in den letzten Versen der vorangehenden Strophe deutlich wird. Diese Wanderer symbolisieren die Freiheit und Ungebundenheit, von einem Ort zum anderen Wandern zu können und lösen so gesehen auch eine gewisse Aufbruchsstimmung beim lyrischen Ich aus.
Das Motiv des Gesangs verbindet sich mit dem der Natur, von der das Lied handelt. Diese wird idealisiert dargestellt (V. 14: „rauschen so sacht“), bildet aber gleichzeitig auch das Gegenstück zur Einsamkeit des lyrischen Ichs. Der Inhalt des Liedes klingt nach Abenteuer (V. 16: „stürzen in die Waldesnacht“) und weckt beim lyrischen Ich Interesse nach dieser fernen, wilden Natur. Auffällig ist, dass die Natur durchgehend personifiziert wird und somit eigenständig und menschlich erscheint.
Im letzten Vers dieser Strophe werden – wie in den anderen beiden auch – wieder die Motive der Nacht und der Natur aufgeführt.
In der dritten Strophe wird der Gesang fortgeführt, wobei diesmal nicht die reine Natur, sondern die vom Menschen gestaltete, also Marmorbilder, Gärten, Lauben und Paläste, besungen wird.
Diese Szenerie wird sehr malerisch und unrealistisch romantisch beschrieben, da hier schon die Phantasie des lyrischen Ichs mitspielt. Die Art der Beschreibung erscheint mir verherrlichend, als ginge es um einen so nicht existierenden Ort, den das lyrischen Ich sich jedoch ersehnt. An dieser Stelle wird also erneut die für die Epoche der Romantik typische Flucht aus der Realität deutlich.
Es wird von Mädchen gesprochen, die am Fenster lauschen (V. 21), wobei diese die Verbindung zum ebenfalls wartend und träumend am Fenster sitzenden Sprechers bilden. Die Brunnen werden personifiziert (Vers 23) bzw. ist deren Attributierung unklar, denn die Zusammensetzung von „verschlafen rauschen“ ist so nicht logisch. Man kann lediglich assoziieren, dass es sich um eine Art magische Stille handeln muss, während die die Brunnen leise und beständig dahinplätschern.
Am Ende findet man den gleichen Vers wie am Ende der ersten Strophe, sodass hier sowohl eine inhaltlich als auch eine formale Verbindung innerhalb des Gedichtes geschaffen wird. Jedoch ist das jeweilige Satzzeichen ein anderes. Am Ende der ersten Strophe steht ein Ausrufezeichen, da es sich um einen sehnsüchtigen Ausruf des lyrischen Ichs handelt – wenn auch nur in Gedanken. Am Gedichtsende jedoch werden ein Punkt sowie ein Gedankenstrich verwendet. Somit hat man nicht den Eindruck eines lauten, feierlichen Ausrufes, sondern eher den eines ruhigen, bedachten Abschlusses.
Eichendorffs Gedicht „Sehnsucht“ beinhaltet zahlreiche typische Motive für die Epoche der Romantik, die von menschlichen Gefühlen und der Flucht aus der rauen Wirklichkeit der französischen Revolution und der beginnenden Industrialisierung geprägt war. Die Dichter sehen sich nun nicht mehr als Ratgeber für die Gesellschaft, sondern als Außenseiter, was in Eichendorffs Werk verdeutlich wird, indem sich das lyrische Ich sich einsam am Fenster befindet. Es herrschte Sehnsucht nach idyllischer Natur, die es scheinbar so nicht mehr gab, womit das Fernweh und die Idealisierung des Mittelalters zu begründen sind. Die Sinne des Menschen werden an zahlreichen Stellen angesprochen, denn es wird nicht nur das Visuelle (z.B. V. 1) beschrieben, sondern auch das Akustische (z.B. V. 3) und - typisch romantisch – auch der sensitive Sinn (z.B. V. 5).
Abschließend kann man feststellen, dass Eichendorffs Werk von der die Romantik kennzeichnenden Sehnsucht handelt, die nie ihre Erfüllung finden kann, da ihre Motivation unklar bleibt. Ihr Grund ist nicht offenbar, sie nährt sich selbst und stellt somit einen dauerhaften Zustand dar.
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