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Franz Kafka



 

Franz Kafka :: Біографія

Творчість | Біографія | Критика

In Prag wird Franz Kafka am 3. Juli 1883 geboren, in Prag verbringt er auch den größten Teil seines kurzen Lebens. Der 19jährige Student Kafka scherzt seinem Schulfreund und Kommilitonen Oskar Pollak gegenüber: "Prag läßt nicht los. Uns beide nicht. Dieses Mütterchen hat Krallen. Da muß man sich fügen oder –. An zwei Seiten müßten wir es anzünden, am Vysehrad und am Hradschin, dann wäre es möglich, daß wir loskommen. Vielleicht überlegst Du es Dir bis zum Karneval." Franz Kafka führt nach seinem Studienabschluß ein denkbar trostloses Dasein als mittlerer Angestellter und Junggeselle, der noch bei seinen Eltern wohnt. Tagsüber sitzt er sechs Stunden in seinem Büro im vierten Stock der Arbeiter-Unfall- Versicherungs-Anstalt, verfolgt den Sekundenzeiger der Wanduhr und verfasst irgendwelche Gutachten über die Sicherheit an Arbeitsplätzen. Nachmittags legt er sich für ein paar Stunden ins Bett, rudert, bestellt einen kleinen Garten oder unternimmt ausgedehnte Spaziergänge durch die Parkanlagen und Straßen der Stadt, um spätabends bzw. nachts für seine eigentliche Passion gerüstet zu sein: das Schreiben. Franz Kafka versteht sich in einem ausschließlichen Sinne als Schriftsteller; sein äußeres Dasein ist zielstrebig auf das Schreiben hin ausgerichtet, und nur beim Schreiben kann er sich auf eine zutiefst befriedigende Weise ausleben. Alle sonstigen Interessen ordnet er dieser Tätigkeit unter; alles, was ihn am Schreiben behinderte oder auch nur hätte behindern können, empfindet er als Bedrohung – und sobald er für kurze Zeit einmal nichts zu Papier bringt, wird er depressiv. In einem späten Brief an Max Brod bekennt er: "Das Schreiben ist ein süßer wunderbarer Lohn, aber wofür? In der Nacht war es mir mit der Deutlichkeit kindlichen Anschauungsunterrichtes klar, daß es der Lohn für Teufelsdienst ist. Dieses Hinabgehen zu den dunklen Mächten, diese Entfesselung von Natur aus gebundener Geister, fragwürdige Umarmungen und was alles noch unten vor sich gehen mag, von dem man oben nichts mehr weiß, wenn man im Sonnenlicht Geschichten schreibt. Vielleicht gibt es auch anderes Schreiben, ich kenne nur dieses: in der Nacht, wenn mich die Angst nicht schlafen läßt, kenne ich nur dieses." Auch seine Vorbehalte einer Ehe gegenüber rühren zum Teil aus der Furcht, sich nicht mehr auf das Schreiben konzentrieren zu können. Kafka ist ein Literatur-Besessener – allerdings aus persönlicher Not heraus. Innerhalb der Familie gilt der skrupelhafte, introvertierte Schriftsteller als Außenseiter, besonders der Vater bringt nicht das geringste Verständnis für die Interessen seines Sohnes auf. Kafka arbeitet auch deshalb vorwiegend in den Nachtstunden, weil er dann endlich seine Ruhe hat, denn die Eltern und Geschwister schlafen, sie lärmen oder plaudern nicht mehr, und er kann sich in das winters beheizte Wohnzimmer setzen. Ein Prosatext aus dem Jahre 1912 (Großer Lärm) beginnt folgendermaßen: "Ich sitze in meinem Zimmer im Hauptquartier des Lärms der ganzen Wohnung." Franz Kafka zieht sich im Lauf der Jahre zunehmend in die Literatur zurück. Man könnte sogar sagen: Aus dem engen bürgerlichen Dasein (als eine Metamorphose des Grauens verzerrt nachgestaltet in seiner berühmtesten Erzählung Die Verwandlung (1915)) – Studium, Praktisches Jahr und Anstellung in einer Versicherung – emigriert der stark angeschlagene, übersensible Mensch Kafka in den Raum der Literatur. Das hängt nicht wenig mit dem Vater zusammen,der keine direkte Schuld, aber dennoch großen Anteil an der Misere seines Sohnes hat: Der Jude Hermann Kafka war ein tüchtiger Geschäftsmann, den das Leben hart gemacht hatte. Er stammte aus denkbar einfachsten ländlichen Verhältnissen, musste schon als Kind im Elternhaus mitarbeiten und Fleischwaren ausliefern, war in seiner Jugend als Händler durch die Dörfer getingelt und hatte es in Prag nach seiner Militärzeit zu bescheidenem Wohlstand gebracht: Gemeinsam mit seiner aus dem vermögenden und gebildeten deutsch-jüdischen Bürgertum stammende Frau Julie (geb. Löwy) führte er bald einen Kurz- bzw. ,Galanteriewarenladen'. Dort verbrachten die Kafkas den ganzen Tag und verkauften Tücher, Stoffe, Troddeln und Rüschen. Abends saßen sie vielleicht noch beim Kartenspiel zusammen, während die vier Kinder – Franz und seine Schwestern Elli, Valli und Ottla – von einem tschechischen Dienstmädchen versorgt und erzogen wurden. Gleichzeitig war der robuste Hermann Kafka ein rücksichtsloser Tyrann, der seine Angestellten lauthals herumkommandierte und sogar wüst beschimpfte. Den eigenen Kindern hielt er fast täglich vor, dass es ihnen eigentlich viel zu gut ginge, dass sie niemals Not leiden mussten und alles nur ihm zu verdanken hätten. Darüber hinaus hatte er aus persönlichem Stolz heraus eine klare Vorstellung davon, wie gerade sein Sohn hätte beschaffen sein sollen: nämlich aufgeschlossen, hart und arbeitsam – ganz sein Ebenbild. Franz Kafka schreibt in späteren Jahren einen rund hundertseitigen Brief an den Vater (1919), den er allerdings niemals abgeschickt hat. Darin schildert er aus der – scheinbaren – Distanz von dreißig Jahren sein Kindheits-Trauma: den übermächtigen Vater, der alles kategorisch bestimmt und in jeder Frage von vornherein Recht hat und den er deshalb grenzenlos bewundert – der jedoch seine Kinder nur mit abschätziger Ironie behandelt und verächtlich alles abtut, wofür sich Franz begeistert. Das Resultat dieses ungleichen Kampfes ist, dass der ohnehin schüchterne Junge noch weniger aus sich herausgeht, dass er verstockt wird und kaum mehr etwas redet. Auch in seiner persönlichen Entwicklung bleibt Kafka entscheidend zurück; der junge Kafka lebt in dem ständigen Bewusstsein, dass seine Gefühle für andere Menschen, sein Interesse für Literatur, seine Träume vom Leben und überhaupt alle eigenen Ansichten, nicht nur falsch und deplaziert sind, sondern dass er sich mit ihnen geradezu schuldig macht, dass er sich gegen den Vater und dessen intakte Welt versündigt. Durch sein gesamtes dichterisches Werk zieht sich das Motiv des allmächtigen, gottgleichen Vaters bzw. des vatergleichen Potentaten, eine düstere Gestalt, der er nur mit einem latenten Schuldbewusstsein begegnen kann. Aus dieser psychischen Last resultiert zu einem wesentlichen Teil auch sein schwieriges Verhältnis zu Frauen. Seine intellektuellen Fähigkeiten, sein Interesse für Bücher, sein Urteilsvermögen und seine geistige Unabhängigkeit entwickeln sich dagegen auf außerordentliche Weise. Kafka durchläuft ohne Probleme die fünf Klassen des gefürchteten Altstädter Gymnasiums – nach Aussagen vieler Zeitgenossen eine ledern konservative Bildungsanstalt mit strengem Reglement und starrem Lehrplan: Die Schüler sind in der Hauptsache damit beschäftigt, Vokabeln (Latein- und Griechisch) zu pauken, Verben zu konjugieren, historische Daten (besonders von großen Schlachten) auswendig zu lernen, und sich eine Menge überflüssiges Wissen anzueignen. Unter seinen Mitschülern gilt der literarisch ausgerichtete und einzelgängerische Atheist als souverän und distanziert. Seine Urteile, z. B. über den Prager Schriftsteller Gustav Meyrink, sind hart und illusionslos, und Kafka wird sogar als Spötter in religiösen Belangen gefürchtet. Eine rege Freundschaft verbindet ihn über Jahre mit dem Zionisten Hugo Bergmann, dem späteren Rektor der Hebrew Universitiy von Jerusalem, sowie mit dem vielseitig interessierten Oskar Pollak, der später Kunstgeschichte studiert und schon während seines Studiums als Koryphäe in seinem Fach gilt – im Ersten Weltkrieg findet dieser vielversprechende Gelehrte dann allerdings den Tod. Kafka schreibt sich an der Prager Universität zunächst für Chemie ein – doch für die praktische Arbeit in einem Laboratorium zeigt er sich wenig tauglich und wechselt nach 14 Tagen erst zur Jurisprudenz, dann zur Germanistik, um im dritten Semester enttäuscht zum ,Jus' zurückzukehren. Nebenher hört der junge Student Vorlesungen in Philosophie, ist vorübergehend Mitglied der Prager Lese- und Redehalle der deutschen Studenten und hält sich als stiller Beobachter in diversen Literatencafés auf – u. a. im Café Arco in dem Kreis um den jungen Franz Werfel sowie im Café Louvre, wo sich die Anhänger des Philosophen Franz von Brentano versammeln. In diese umtriebige Zeit fallen Kafkas erste längere Prosatexte: eine erste Studie zum späteren Amerika-Roman, die Beschreibung eines Kampfes (1904) und Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande (1906) – Texte, die Kafka später für seine Publikationen (Betrachtung (1912)) verwendet. Seine Arbeitsweise besteht überhaupt darin, dass er sich mehr oder weniger absichtslos dem Schreiben überlässt und seine Texte später aus dem vorhandenen Material zusammenstellt. Über das Ziel seines Studiums, seine Promotion, äußert sich Kafka halb belustigt, halb sarkastisch, und er wundert sich im nachhinein, dass er die Prüfungen überhaupt bestanden hat. Der Spott über das trockene, sinnleere Rechts- und Advokatenwesen schwingt noch in Kafkas beiden großen Romanfragmenten Das Schloß (ab 1914) und Der Prozeß (erste Entwürfe 1914, Niederschrift ab 1922) mit. Bezeichnenderweise war der Doktor der Rechte für 15 Jahre – bis zu seiner Pensionierung – nacheinander in den Assicurazioni Generali sowie der bereits erwähnten Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt tätig: Er arbeitet sich vom Aushilfsbeamten und "Anstaltsconcipisten" bis zum Obersekretär mit 30 Untergebenen empor – was er nicht zuletzt wegen seiner Formulierungsgabe und seiner juristischen Vorbildung erreichten kann. Familie und Kinder betrachtet Kafka als eines der höchsten Güter. Doch für seine eigene Person glaubt er, dieses bürgerliche Glück ausschließen zu müssen. Gleichwohl hat er sich – nach jeweils heftigen inneren Kämpfen – dreimal verlobt und nach einer kurzen Spanne jedes Mal die Verlobung wieder aufgelöst: zweimal mit Felice Bauer, einmal mit Julie Wohrycek. Zwischendurch gibt es allerdings noch zwei kleinere Affären und eine heimliche Liebschaft mit Grete Bloch, einer Freundin von Felice, aus der sogar – nach Aussagen Grete Blochs und ohne Kafkas Wissen – ein Sohn hervorging, der jedoch nach sieben Jahren verstarb. Fast ein ganzes Jahr vor der ersten Verlobung richtet sich Kafka brieflich an Felices Vater, Herrn Carl Bauer: Von Hochzeit muss bereits die Rede gewesen sein, denn er stellt sich nochmals offiziell vor und hält nicht etwa um die Hand der Tochter an, sondern breitet sich vielmehr über die Gründe aus, weshalb es zu dieser Verbindung niemals kommen sollte – er sei von der Literatur besessen und würde Felice unglücklich machen. Einen Monat später löst er die Verlobung folgerichtig wieder auf. Anschließend stockt der Briefwechsel für ein paar Monate, doch kommt es bald zu einer neuen Annäherung – Felice scheint bis zuletzt, bis zur Diagnose seiner Krankheit, auf ein Zusammenleben mit Kafka gehofft zu haben. Im Juli 1917 kam es zur zweiten Verlobung, die nach zwei Monaten ebenfalls wieder aufgelöst wird. Im September stellten die Ärzte an seiner Lunge eine Tuberkulose fest – für Kafka ein idealer Vorwand, sich ein weiteres Mal zurückzuziehen. Kafka und Felice trennten sich endgültig – Kafka mit dem Vorsatz, sich künftig an keine Frau mehr zu binden. Felice Bauer heiratete 1918 einen wohlhabenden Berliner Geschäftsmann und wanderte in den 30er Jahren über die Schweiz in die Vereinigten Staaten aus, wo sie 1960 stirbt. Im Herbst 1918 will sich Kafka für ein paar Monatein Schelesen, einem kleinen Ort nördlich von Prag, erholen und lernt dort Julie Wohrycek, eine junge Prager Jüdin, kennen. Ihre Begegnungen kommen anfangs über ein verlegenes, zwanghaftes Lachen und Kichern auf beiden Seiten kaum hinaus, und ihre Wege trennen sich zunächst wieder. Doch in Prag treffen sich die beiden wieder und verlieben sich leidenschaftlich – es kommt 1919 zu einer fast heimlichen Verlobung mit auf dem Fuße folgender Auflösung derselben; Kafka entschuldigt sich und ist doch in Gedanken schon bei der leicht exzentrischen Milena Jesenská, seiner Übersetzerin, Freundin und zweiten großen Briefpartnerin. Milena Jesenská stammte aus Prag und lebte in jener Zeit in Wien; sie führte mit dem Prager Bohemien und notorischen Sexprotz Ernst PolLak eine unglückliche Künstlerehe; ihr Mann betrog sie bei jeder Gelegenheit, ihr Vater hatte sie wegen dieser Verbindung mit einem jüdischen Habenichts schon enterbt, und sie versuchte, mit Zeitungsartikeln und Übersetzungen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. An Kafka wendet sie sich mit der Bitte, seine Werke ins Tschechische übersetzen zu dürfen; zahlreiche Briefe wechseln hin und her, bis der scheue Kafka und die impulsive Milena sich persönlich füreinander zu interessieren beginnen. Doch Kafka zögert noch, sich mit der jungen Frau zu treffen; er hat auch völlig grundlos ein schlechtes Gewissen ihrem Gatten gegenüber – grundlos schon allein deshalb, weil sich niemals das Geringste zwischen ihnen abgespielt hat. Schließlich verbringen Milena und er doch ein paar unbeschwerte Tage in Wien. An Max Brod berichtet Milena später, sie habe es fertiggebracht, Kafka für Augenblicke seine Angst vor den Dingen des Lebens zu nehmen. Angesichts seiner schweren Lungen- und Kehlkopftuberkulose zeigt sich der sonst ängstliche Kafka nicht übermäßig betroffen. Vielmehr scheint er so etwas geahnt zu haben. Es musste so kommen, am Ende stehtkeine Genesung, sondern nur der Tod – Kafka schaut seinem eigenen Ableben ruhig, fast stoisch entgegen. Noch ein halbes Jahr vor seinem Ende (1924) schreibt der inzwischen frühpensionierte und von den Ärzten aufgegebene Dichter an der humorvollen, essayistischen Erzählung Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse – ein Text, der sich wunderbar versponnen um die Definition seines Gegenstandes bemüht: eine egozentrische Sängerin, die sich für eine große Diva hält, im Grunde aber gar nicht singen, sondern nur – ganz ordinär – pfeifen kann und von der Bevölkerung bewundert wird, obwohl oder gerade weil ihr das Publikum nicht richtig zuhört und heute niemand mehr etwas von Gesang versteht – was Josefine zu ahnen scheint. Diesen in jeder Zeile lustvoll-geistreichen Text über das aberwitzige Verhältnis zwischen Kunst, Künstler und Publikum hat ein sterbenskranker Dichter verfasst, dessen Lebenswerk zum Großteil aus unveröffentlichten Roman-Fragmenten und Erzählungen besteht, die er sämtlich durch Max Brod verbrennen lassen wollte; ein Wunsch, dem sich Brod allerdings widersetzt. Für die letzten, äußerlich noch um vieles glanzloserenMonate seines Lebens findet Kafka in dem ostjüdischen Mädchen Dora Diamant eine Gefährtin, die sich vorbehaltlos um seine Bedürfnisse kümmert und ihn zur Ruhe kommen lässt. Kafka verwirklicht endlich seinen Traum, Prag zu verlassen: Die beiden mieten eine kleine Wohnung im Berliner Stadtteil Steglitz, leben von der Hand in den Mund und schmieden Pläne. Mit Dora studiert Kafka die Tora und den Talmud, und beide träumen davon, in Tel Aviv ein kleines Restaurant zu eröffnen: Die in häuslichen Dingen unerfahrene Dora sollte in der Küche stehen, der linkische, lungenkranke Kafka die Gäste bedienen. Daraus wird jedoch nichts. Nicht zuletzt aufgrund der schlechten Ernährung im Inflationswinter verschlechtert sich Kafkas Gesundheitszustand rapide. Er wird in ein Sanatorium gebracht, ohne dass deswegen jedoch die leiseste Hoffnung auf Genesung bestanden hätte. In den letzten Wochen vor seinem Tod kann Kafka oft weder Nahrung aufnehmen noch sprechen. Er führt Konversationshefte, liest Korrekturfahnen für seine letzte Publikation (Ein Hungerkünstler) und beobachtet den Fortgang der Krankheit. Am 3. Juni 1924 schließlich stirbt Franz Kafka, kurz vor seinem 41. Geburtstag.



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