Ïðî÷èòàíèé : 100
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Òâîð÷³ñòü |
Á³îãðàô³ÿ |
Êðèòèêà
Silvesterabend
Am letzten Tage des Jahres,
Da dacht' ich, wie mancher tot,
Den ich bei seinem Beginne
Noch lustig gesehen und rot;
Wie mancher am Sargesbaume
Gelacht unterm laubigen Zelt,
Und wie vielleicht auch der meine
Zur Stunde schon sei gefällt.
Wer wird dann meiner gedenken,
Wenn ich nun gestorben bin?
Wohl wird man Tränen mir weihen,
Doch diese sind bald dahin;
Wird wohl man Lieder mir singen,
Doch diese verweht die Zeit;
Vielleicht einen Stein mir setzen,
Den bald der Winter verschneit.
Und wenn die Flocke zerronnen
Und kehrt der Nachtigall Schlag,
Dann blieb nur die heilige Messe
An meinem Gedächtnistag;
Nur auf zerrissenem Blatte
Ein Lied von flüchtigem Stift,
Und mir zu Häupten die Decke
Mit mooszerfressener Schrift.
Wohl hab' ich viele Bekannte,
Die gern mir öffnen ihr Haus;
Doch wenn die Türe geschlossen,
Dann schaut man nimmer hinaus;
Dann haben sie einen andern
An meiner Stelle erwählt,
Der ihnen singt meine Lieder
Und meine Geschichten erzählt.
Wohl hab' ich ehrliche Freunde,
Die greift es härter schon an;
Doch wenn die Kette zerrissen,
Man flickt sie, so gut man kann;
Zwei Tage blieben sie düster
— Sie meinten es ernst und treu —
Und gingen dann in die Oper
Am dritten Tage aufs neu.
Ich habe liebe Verwandte,
Die tragen im Herzen das Leid;
Allein wie dürfte verkümmern
Ein Leben, so vielen geweiht?
Sie haben sich eben bezwungen,
Für andre Pflichten geschont;
Nur schweben wohl meine Züge
Zuweilen noch über den Mond.
Ich habe Bruder und Schwester,
Da ging ins Leben der Stich,
Da sind viel Tränen geflossen
Und viele Seufzer um mich.
O hätten sie einsam gestanden,
Ich lebte im ewigen Licht;
Nun haben sie meines vergessen
Um ihres Kindes Gesicht.
Ich hab', ich hab' eine Mutter,
Der kehr' ich im Traum bei Nacht,
Die kann das Auge nicht schließen,
Bis mein sie betend gedacht;
Die sieht mich in jedem Grabe,
Die hört mich im Rauschen des Hains —
O, vergessen kann eine Mutter
Von zwanzig Kindern nicht eins!
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