Lesja Ukrainka
Koenigstochter
Koenigstochter, meine Herrin,
Habt Ihr Euch zugrund gerichtet!
Was hat Euch mit mir vereinigt,
Einem erbenlosen Ritter?
Mein Geliebter, teurer Ritter,
Das ist eine schwere Kraenkung,
Bin doch nicht daran gewohnet,
Meine Liebe zu verkaufen.
- Koenigstochter, meine Herrin,
Purpurmantel, goldne Krone
Doch gehoeren Eurem Stande -
Nicht die armen Alltagskleider.
- Mein Geliebter, teurer Ritter,
Moeget Ihr mich etwa lieber
In dem hoefischen Gewande,
Als in diesem dunklen Kleide?
- Koenigstochter, meine Herrin,
Bin ich gar ruhmloser Ritter,
Und von Meuchelschlaegen sterbe
Hier im eignen Bett zu Hause.
- Mein Geliebter, teurer Ritter,
soll Verraeter selbst sich schaemen,
Habt Ihr doch schon Ruhm und Ehre -
Ihr seid mein Auserwaehlter.
- Koenigstochter, meine Herrin,
Wittert Herz, dass ich bald sterbe.
Wer verteidigt Euch vor Klatschen,
Schuetzt vor boshaften Geruechten?
- Mein geliebter, teurer Ritter,
Keine Angst vor Klatsch ich habe,
Alles tu nach meinem Willen -
Dazu bin ich Koenigstochter.
- Koenigstochter, meine Herrin,
Wird es Euch ja schwer zu sehen,
Wie ich dann beerdigt werde-
Ganz gewoehnlich, ohne Ritus.
Ach Herr Ritter, mein Geliebter!
Quaelt mir nicht die arme Seele,
Was soll denn fuer mich bedeuten
Jenes prachtvolle Begraebnis?
- Koenigstochter, meine Herrin,
Ich beschwoere Euch bei Liebe:
Seid in Trauer auch wuerdig,
Wie`s gehoert der Koenigstochter.
- Mein Geliebter, teurer Ritter,
Sollt Ihr naemlich so beschwoeren?
Das ist doch das groesste Unglueck -
Jene dunkle stolze Wehmut...
***
In der elenden Landkirche
Spielen Orgeln Totenmesse,
Jammern Choere Miserere,
Seufzen Menschen De Profundis.
Auf der Bahre Ritterleiche,
Neben ihr die Koenigstochter
Steht so still und ernstlich auf,
Wie zur Hochzeit vorbereitend.
Zittert nicht die schwarze Gaze
An dem Antlitz der Prinzessin,
Brennt in ihrer Hand ganz ruhig
Eine weisse waechsern Kerze.
Maedchen weinen in den Ecken,
Hoert man mitten im Gedraenge:
"Jene da hat ihn geliebet",
"Jene hat den Kranz verloren"...
"Jene ist barfuss gelaufen,
Auf den Steigbuegeln gegriffen".
"Wer ist die, die steht da neben
Einem Sarge?" - "Koenigstochter".
***
In dem koeniglichen Schlosse
Sind Unruhen, dunkle Kummer
Unter treuen Koenigsknechten:
Zornig scheint ihr Herrscher heute.
Werfen Augen scharfe Pfeile,
Rattern laut seine Sporen,
Druecken Haende sich zusammen
Auf dem Kreuze goldnen Degens.
An der Schwelle kleiner Page
Unentschlossen, still und furchtsam
Stand und sagte kaum hoerbar:
"Dort erwartet... die Prinzessin".
Mit der festen Stimme Antwort
Gab sofort der zornge Herrscher:
"Lasst sie kommen! Mag sie hoeren
Meinen Vaterfluch vor Zeugen!"
Nicht einmal hat er beendigt
Seine grausamen Worte -
Rauscht man in dem Gedraenge:
"Raeumt den Weg fuer Koenigstochter!"
Unter Rittertum im Glanze,
Unter prachtgeschmueckten Damen
Geht so langsam Koenigstochter
In dem schwarzen Alltagskleide.
Ohne Gaze, ohne Schleier,
Mit den unbedeckten Haaren -
Schlaegt die Augen nicht nieder,
Neigt die blass' Stirn nicht nach unten.
Stockt der Atem kuehnen Rittern.
Werden bleich die schoenen Damen,
Wie auf Blitz von heitrem Himmel
Warten sie auf Koenigsfluche.
Aber was soll das bedeuten?
Leise klingt des Greisen Stimme:
"Bist gekommen, liebe Tochter?
Setz und ruh dich aus, mein Kindlein."
Als die Koenigstochter hoerte
Ihren Vater zaertlich sprechen,
Bebte sie an ganzem Leibe,
Fiel sie wie ein Troepfchen nieder.
Wie ein kaltes Tautroepfchen,
Das so lange in der Hoehe
Hat sich in der Nacht gehalten,
Bis die Sonne es erwaermte.
So besuchten die Gemaecher
Ploetzlich Wehmut und Erbarmung,
Kamen doch die hoechsten Gaeste
Ohne jede Etikette.
20.06.1901, Kimpolung
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Рубрика: Лирика любви
дата надходження 23.01.2023
автор: Надія Медведовська