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Johannes R. Becher



 

Johannes R. Becher :: Критика

Творчість | Біографія | Критика

Macht der Poesie ist der zweite Teil von Bechers Poetischer Konfession, die 1955 im Aufbau-Verlag Berlin erschien. Was dem Leser sofort auffällt, ist der vergleichsweise gemäßigte Ton, in dem der Dichter seine unsystematischen Gedanken zur Poesie formuliert - es ist "ein Funkentanz, ein Lichterschwirren, nicht mehr, kein Stern, kein Leuchten". Der Dichter bescheidet sich. Abgesehen von künstlerischen Form- und Inhaltsfragen, die an kleineren Beispielen erläutert werden, thematisiert das Buch vor allem die Rolle der Poesie in der Gesellschaft und auch Bechers eigene widersprüchliche Existenz. Seine Erfahrungen auswertend, konstatiert Becher, dass Dichter und Partei-Funktionär nicht in einer Person zu vereinigen sind. Wie sollte sich auch die pragmatisch aufgefasste "Wahrheit" des Politikers mit der "absoluten" Wahrheit des Dichters vertragen können? Es ist gerade der Schatten des Politikers, der Bechers Dichtung auch heute noch belastet, was aber nicht zu der falschen Verallgemeinerung führen darf, dass die Poesie an sich unpolitisch sein muss. Sie sollte bestrebt sein, sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren, ohne ins Weltenlose abzudriften. Um ein Beispiel unheilvoller Verquickung von Kunst und Politik zu geben: Becher zählt in einem Abschnitt seines Buches "Genien der Menschheit" auf. Es ist sicher keine Frage für einen Intelligenztest, den oder die Namen zu ermitteln, welche nicht in die Reihe passen: "Homer, Dante, Shakespeare, Dürer und Bach, Goethe, Tolstoi, Marx, Engels, Lenin und Stalin...". Trotzdem: Becher ist der deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts. Sein schöpferischer Weg führte vom sich selbst übersteigenden messianischen Brachial-Expressionismus über die zweckgebundene Parteilyrik bis zur Läuterung in der klassischen Form des Sonetts. Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Exil und Zweiter Weltkrieg, Heimkehr und Wiederaufbau - das sind die Stationen, die sich in Bechers Lyrik widerspiegeln. In einem späten Gedicht beantwortet Becher die Frage, was der Leser mit seinem Lebenswerk anfangen kann, selbst: Mein Leben kann euch als ein Beispiel dienen, Und darum ist mein Leben lesenswert. Euch ist in mir ein solcher Mensch erschienen, Der maßlos hat vorzeiten aufbegehrt, Und Höllen waren, und er fand in ihnen Einlaß und ist in allen eingekehrt, Und hat vernichtet und sich selbst verheert Und riß sein Leben nieder zu Ruinen. Ein Schlachtfeld lag inmitten seiner Brust. Danieder lag er. Welche Niederlagen! Zerschlagen hörte er die Leute sagen: "Den Hoffnungslosen laßt verlorengehn!" Und aus Verlorensein und aus Verlust Ergab sich Wandlung und ein Auferstehn. Das leidenschaftliche Ergriffensein von einer Sache und sonst nichts, so Becher in "Macht der Poesie", bringt ein Gedicht hervor. Becher ist weit mehr als seine Stalinhymne, seine Pionierlieder: Sterne glühn und Schiffe werden fahren Und das Meer wird stürmisch sein - Kämen wieder wir nach Jahren: In den Bergen wird es heut noch schnein. Gehst du südwärts, wird es weit und blau. Kinder in dem Sande knien. Sammeln Muscheln. Eines ruft jetzt: Schau, dort am Leuchtturm ein Delphin! Macht der Poesie kann dem heutigen Leser Anlass sein, Bechers umfangreiches Werk zu entdecken und als Mittel dienen, den Dichter in seiner Zeit zu begreifen.



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