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Abraham a Sancta Clara



 

Abraham a Sancta Clara :: Критика

Творчість | Біографія | Критика

Für den bedeutenden Philosophen der Aufklärung Christian Wolf war er schlicht "der Größte unter uns", für Friedrich Schiller ist er "ein prächtiges Original, vor dem man Respekt bekommen muß" - und sein Meßkircher Landsmann Martin Heidegger ist fasziniert von seiner "ungewöhnlichen, vielgestaltig-schöpferischen Beherrschung der deutschen Sprache". Die Rede ist von Johann Ulrich Megerle, der als Abraham a Sancta Clara (1644-1709) nicht nur der bedeutendste Kanzelredner im 17. Jahrhundert war, sondern insgesamt einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Schriftsprache hatte. Jetzt liegen, 325 Jahre nach der von Abraham erstmals selbst zusammengestellten Anthologie, unter dem Originaltitel "Reimb dich / Oder Ich Liß dich / Das ist: Allerley Materien Discurs, Concept, und Predigten welche bishero in underschidlichen Tractätlein gedruckt worden; Nunmehr in ain Werck Zusammen gereimbt und zusammen geraumbt...." die frühen Traktate und Predigten des wortgewaltigen Predigers wieder vor, herausgegeben und kommentiert von Inga Pohlmann in der Bibliotheca Suevica der Edition Isele. Nachdem Abraham a Sancta Clara mit seiner Pestschrift "Mercks Wienn" 1680 erstmals großen schriftstellerischen Erfolg verbuchen konnte (siehe literaturkritik.de 12/2005) und seine Predigten zunehmend auf breites Interesse stießen, legte er 1684 mit "Reimb dich / Oder Ich liß dich" eine Anthologie vor, die zusammen mit dem Pesttraktat "Mercks Wienn" einen riesigen Leserkreis erreichte. Geschätzt wird, dass Abraham "in der Zeit zwischen 1680 und 1688 ein Drittel bis die Hälfte des allgemeinen deutschsprachigen Lesepublikums" ansprach. Wurden in den ersten Jahren nach Abrahams Tod am 1. Dezember 1709 in Wien noch einige Schriften - auch solche, die nicht von ihm stammten - unter seinem Namen publiziert, verblasste spätestens mit Beginn der Aufklärung sein Ruhm. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Abraham a Sancta Claras Anthologie "Reimb dich / Oder Ich Liß dich" "nicht mehr in Gänze und in der Originalfassung aufgelegt". Unverstellt zeigt die Anthologie Abrahams Wortwitz, sein sprachschöpferisches Vermögen aber auch seine Drastik und die "Kompromißlosikeit seiner Ausdrucksweise". Während die Herausgeberin "Mercks Wienn" in die knapp 760 Seiten starke und umsichtig kommentierte Neuausgabe der Anthologie wieder aufnimmt, verzichtet sie, "um möglichen Mißverständnissen aus dem Weg zu gehen", auf den Abdruck der "Türkenschrift" "Auff / Auff ihr Christen", ein "Pamphlet, das im Sommer 1683 unmittelbar vor der Belagerung Wiens durch die Osmanen erschien und der moralischen Aufrüstung der Christen vor der Konfrontation mit dem gefürchteten Feind dienen sollte". Die Neuausgabe der frühen Predigten und Traktakte zeigt Abraham auf der Höhe seiner Zeit. Immer wieder verbindet er seine sittlich-religiöse Erziehungsabsichten geschickt mit Humor, Witz und heiterer Gelehrsamkeit. Der möglichen Kritik an seiner überbordenden "Fabulierkunst", die oftmals ein Feuerwerk assoziativer und lautmalerischer Bildfolgen bringt, begegnet Abraham in seiner einleitenden Widmung, wo er unter anderem sein Verfahren beschreibt: "Ich setze beynebens auch etwas von Confect auff / verstehe hierdurch keine fabas, sondern fabulas / deren ich mich bißweilen bediene / wie die Zucker-Becken / welche nicht selten etwas rässes oder bitteres mit Zucker überziehen / also ich auch / die ohne das verhaßte / bittere Wahrheit in etwas verklayde / und desto füglicher under die Leuth bringe." Wenn das barocke "memento mori" so beredt und unterhaltend, so witzig und spritzig, eben so räß wie süß daherkommt, lässt sich auch nach mehr als dreieinviertel Jahrhunderten nach ihrem ersten Erscheinen ermessen, wie originell und poetisch-tiefgründig Abrahams Texte sind. Mit den 52 Predigteingängen, den Wien-Schriften "Mercks Wienn" und "Lösch Wien", der "Grosse(n) Todten Bruderschaft", dem "Oesterreichische(n) Deo gratias", dem "Austriacus Austriacus" und einigen anderen Texten und nicht zuletzt den drei lateinischen Epitaphen liegen nun erstmals wieder zentrale Texte des "frühen" Abraham vor. Sie in ihrem Kontext und damit auch in ihrer Vielschichtigkeit zugänglich gemacht zu haben, ist das nicht geringe Verdienst dieses gewichtigen Quellenbandes. Er wie auch das Jubiläumsjahr, das sein Geburtsort Kreenheinstetten in der Nähe des Heigger'schen und Stadler'schen Meßkirch anlässlich seines 300. Todestages unter anderem vom 19. bis 21. März mit einem interdisziplinären Symposion begeht, geben Grund zur Hoffnung, dass sich die Literaturwissenschaft, Theologie und Kulturwissenschaft(en) dieses sprachmächtigen Volkserziehers erinnern. von Anton Philipp Knittel



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