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Adalbert Stifter :: Критика
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Критика
Manche seiner Kritiker warfen Stifter vor, seine Figuren wären eigentlich keine Figuren, sein Werk erschöpfe sich im Darstellen von Natur und Landschaft. Sie empfanden auch seine unausgesprochen das Werk durchwirkende Sittlichkeit als restaurativ. Kritisiert wird auch Stifters Stil mit seinen weitschweifigen und langatmigen Worten. „Was wird hier nicht alles betrachtet und geschildert“, beschwerte sich schon Hebbel über den Nachsommer, „es fehlt nur noch die Betrachtung der Wörter, womit man schildert, und die Schilderung der Hand, womit man diese Betrachtung niederschreibt“ Von ähnlichen Kritiken, die auf den Mangel an „Leidenschaft und Tatkraft“ sich setzte und das „Dargestellte altväterisch und beschränkt“ nannte, berichtet auch Hugo von Hofmannsthal in einem Nachwort zu dem Roman.
Zu Stifters Bewunderern zählt dagegen Friedrich Nietzsche, der den Nachsommer und Kellers Leute von Seldwyla, den ersten Teil der Jung-Stillingschen Lebensgeschichte und Lichtenbergs Aphorismen einzig neben Goethe, vor allem dessen Gespräche mit Eckermann stehen sieht, oder Karl Kraus, der die Zeitgenossen, sofern sie noch „ein Quäntchen Menschenwürde und Ehrgefühl“ besäßen, auffordert, „vor das Grab Adalbert Stifters [zu] ziehen, […] um Verzeihung [zu] bitten und hierauf einen solidarischen leiblichen Selbstmord auf dem angezündeten Stoß ihrer schmutzigen Papiere und Federstiele [zu] unternehmen.“
Kritik und Lob machen sich vor allem an zwei Aspekten fest: Sittlichkeit und Natur in Stifters Werk. Stifter selbst „gibt nicht das Bild des Idyllikers der Biedermeierzeit“ (Weiss 1924, 108), steht dem Zweifeln und Leiden und Suchen im Abdias näher, lotet Grenzen aus, vermeidet Pathos, vor allem jenes der Revolution. Die Landschaft des Menschen, der Seele aber ist in der Parallelwelt der Natur gespiegelt. „So verschwindet zu unserer tiefsten Befreiung und Befriedigung die Grenze zwischen dem Menschen in der Landschaft und der Landschaft im Menschen.“ (Weiss 1924, 110). Und dennoch ist die Leidenschaft nicht ausgetilgt, sondern im Ursprünglichen sublimiert. Thomas Mann behauptet zwar, „dass hinter der stillen, innigen Genauigkeit gerade seiner Naturbetrachtung eine Neigung zum Exzessiven, Elementar-Katastrophalen, Pathologischen wirksam ist“ (Die Entstehung des Doktor Faustus, 1949). Eine eifernde Leidenschaft, dem „Blitz, welcher Häuser spaltet“ gleich, lehnt Stifter entschieden ab, so dass Joseph von Eichendorff mit Recht sagen kann, er hätte „nicht eine Spur von moderner Zerrissenheit, von selbstgefälliger Frivolität, von moralisch experimentierender Selbstquälerei“ „Eine Reinterpretation Stifters wird zunächst von den ebenso irritierenden wie unumgänglichen Sinnkonstruktionen erschwert, die dieser Autor seinen ins Hermetische tendierenden Texten mit naiver Insistenz aufgesetzt hat. Auffällig dabei ist allerdings, daß die positiven Konstruktionen Stifters, also etwa seine vielzitierte christliche Demut, sein weltfrommer Pantheismus, die Behauptung der sanften Gesetzmäßigkeit des natürlichen Lebens sowie der rigide Moralismus der von ihm erzählten Geschichten, nirgends in seinem Werk entwickelt oder reflektiert werden.“ W. G. Sebald (Die Beschreibung des Unglücks, 1985, S. 17). Neben den Genannten wirkte Stifter u. a. auch auf Rosegger und Ganghofer, auf Heyse, Freytag und Wildenbruch, auf Storm und Fontane, später auf Hesse, J. Urzidil, W. G. Sebald, Arnold Stadler und schließlich Max Goldt.
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