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Michael Georg Conrad :: Критика
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Критика
Conrads Realismus akzentuierte Werte wie "Subjektivität", "Individualität", "Aktualität", "Volkstümlichkeit" und "Heimatnähe": "Ich vertrete, wie aus dem Programm meiner‚ Gesellschaft' in jeder Zeile zu ersehen ist, den modernen vaterländischen Realismus in Kunst und Litteratur in meiner Weise, wie ihn Bleibtreu, Kretzer, v. Liliencron, Heiberg, Alberti, Walloth, H. v. Reder, A. G. v. Suttner und die übrigen in ihrer Weise vertreten, d. h. in der natürlich gegebenen individuellen Schattierung." Literatur verortete Conrad in einem größeren gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Die von ihm geforderte "realistische" Literatur sollte Bestandteil und natürlicher Ausdruck einer erneuerten Gesellschaft sein.
Entsprechend betonte er das Primat der Wirkung der Literatur auf den Leser: Kunst sollte sich durch ihre Stärke und Intensität auszeichnen, Eigenschaften, die letztlich die Folge einer originellen, individuellen, aber auch im Volk "verwurzelten" Künstlernatur sein sollten: "Die vielen, die heute von Kunst reden, sollten, bevor sie den Mund aufthun, sich fragen: Hast du Rasse? Bist du ein Eigener? Hast du deine Persönlichkeit gezeigt und bewährt? So du nur Schemen bist, schweig!"
1885, im ersten Jahrgang der "Gesellschaft" forderte Conrad den ‚modernen vaterländischen Roman', für den der "roman expérimental" Zolas Vorbild sein sollten. An die Stelle der auf Schablonen basierenden Unterhaltungsromane des Bürgertums sollte ein mit den Mitteln von Beobachtung und Wissenschaft arbeitender Sittenroman wahrhaftiger Ausdruck der gesellschaftlichen Gegenwart sein.
Von den jungen Autoren forderte er die ‚treue Wiedergabe des Lebens', Stoffe und Szenen, die ‚dem wirklichen Leben entnommen' waren, und vor allem: "keine ‚Helden' mehr von Ueberlebensgröße, keine phantastischen Puppen in Riesenformat, sondern wirkliche Menschen, just so erhaben oder so erbärmlich, wie sie die Gesellschaft hervorbringt, also Wesen, deren Proportionen dem Maße der gemeinen Existenz entsprechen und die nicht wie Kolosse unter Zwergen, im Roman wie in einer Fabelwelt sich bewegen".
Mitbestimmend für Conrads Literaturverständnis war von Anfang an auch seine politische Weltanschauung mit ihrer für ihn charakteristischen Mischung aus progressiv-modernen und rückwärtsgewandten Ideen: Bei ihm verbanden sich die Begeisterung für Richard Wagner und Nietzsche mit einem (freilich gemäßigten) Eintreten für die Frauenfrage, verquickten sich Liberalismus, Freimaurertum und Antikatholizismus mit antizivilisatorischen und -kapitalistischen Ressentiments. Conrad verkündete die Utopie eines unverfälschten Volks- und Bauerntums und eines einfachen Lebens auf dem Land. Die entsprechend idealisierte Stadt München galt ihm als Heimstätte dieser utopischen Gesellschaft.
Begriffe wie "Heimat", "Scholle", "Rasse", "Mannhaftigkeit", "Volk", "Stamm" prägten schon früh sein Vokabular: Eine im Dritten Reich fragwürdige Karriere machte vor allem der von Conrad behauptete Zusammenhang von "Blut" und "Boden", also von "Rasse" und "Heimatverbundenheit", in der Kunst: "Im Geheimnis des Blutes und des Bodens ruht das Geheimnis der Kunst. Schwindet einer Zeit der Sinn für dies Geheimnis, so verflacht auch ihre Kunst." (Conrad, Von Emile Zola bis Gerhart Hauptmann, S. 4) Von Belang sei nur, ob "wir rassige, blut- und heimatechte, wurzel- und bodenständige Eigenpersönlichkeiten haben".
Die von ihm anvisierte moderne deutsche Literatur sollte nicht nur den Anschluss finden an die neuen Entwicklungen in den europäischen Nachbarländern. Sie sollte auch genuiner Ausdruck des "deutschen Volkstums", des "deutschen Wesens" sein: "Ein deutscher Roman, der was Rechtes sein will, muß das Deutschtum aus allen Poren atmen; er muß strotzen und zucken und glühen von dem Leben, das der Verfasser mitten in seinem Volke selbst mit durchgelebt und mit durchempfunden hat, so daß er uns mit dem Buche zugleich ein Stück seiner eigenen heißen Seele darbietet."
Welche Bedeutung gerade Werte wie Heimatverbundenheit bzw. Volkstümlichkeit in der literaturkritischen Praxis [Link] hatten, zeigt Conrads Lob für Fontane: Berlin, so Conrad, könne stolz auf seinen Fontane blicken, "der als Mann wie als Künstler nicht in klassischen Lüften und kosmopolitischen Nebeln schwebt, sondern in der festesten Wirklichkeit der Heimat und ihres Geistes steht und so ein Mehrer, Erklärer und Verklärer dieses Heimatsgeistes selbst geworden ist." (Die Gesellschaft, 6. Jg. 1890, S. 418) Dagegen fällt Conrad im selben Artikel anlässlich der Münchner "Lingg-Feier" ein vernichtendes Urteil über diesen seiner Heimat entfremdeten Dichter: "auf dem Boden des Gegenwärtigen, des Wirklichen, des Heimatlichen ist der Dichter Lingg so gut wie nie gestanden und mit dem entwickelungsträchtigen Geiste seines Volkes, mit der lebendigen Sonderart seines Stammes ist er nie zu unlöslicher Herzens- und Geistes- und Kampfesgemeinschaft zusammengewachsen."
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