![Ferdinand von Saar](/img/nofoto.gif)
Ïðî÷èòàíèé : 140
![](img/x.gif)
|
Òâîð÷³ñòü |
Á³îãðàô³ÿ |
Êðèòèêà
Das alte Ehepaar
Wie in Gedanken, unaussprechlich,
Gehen Arm in Arm sie einher;
Sie noch aufrecht, wenn auch gebrechlich,
Tief gebeugt und gebrochen er.
Schwer belastet mit Sammt und Seide,
Wankt ihr vornehm hagerer Leib
Und es blinkt ihr gold'nes Geschmeide –
Ja, sie war einst ein schönes Weib!
Wie im Nachglanz sieghafter Stunden
Flammt noch zuweilen ihr dunkler Blick –
Er doch – er hat längst überwunden,
Schlaff ergeben in sein Geschick.
Ach, was liegt nicht Alles dazwischen,
Seit die Beiden gewesen jung;
Wenn sie könnten, sie möchten's verwischen
Gern in ihrer Erinnerung.
Halbes Finden im ersten Genusse,
Launen des Hochmuths, der Eitelkeit –
Höhnender Treubruch und seine Buße,
Böse Jahre voll Haß und Streit.
Von der Natur auseinander getrieben,
Aber durch »Rücksicht« immer vereint,
Lernten sie kaum ihre Kinder lieben,
Die oft im Stillen darüber geweint.
Dennoch sich täglich in's Auge zu blicken,
Hatten die Beiden sich mälig gewöhnt –
Und nun hat, nach all' den Geschicken,
Sie noch zuletzt das Alter versöhnt.
Wenn auch spät – sie hat es empfunden:
»Ach, er war doch edel und gut!«
Und er denkt mit vernarbten Wunden:
»Ach, sie hatte nur heißes Blut!«
Und sie lächelt, wenn er beflissen
Ihr den Shawl, die Mantille trägt,
Und er lächelt, wenn sie die Kissen
Abends sorglich zurecht ihm legt ...
Wie in Gedanken, unaussprechlich,
Gehen Arm in Arm sie einher,
Sie noch aufrecht, wenn auch gebrechlich,
Tief gebeugt und gebrochen er.
Das erwachende Schloß
Der Morgen dämmert. Seine ersten Lichter
Erhellen matt und kühl des Parkes Grün.
Rings tiefe Stille; leise zwitschernd nur
Regt's in den Wipfeln sich, und aus dem Spiegel
Des Teiches schnellt ein Silberfisch empor.
Mit dicht verhüllten Fenstern lautlos liegt
Das Schloß, und in den dunkelnden Gemächern,
Vom Schlaf umfangen, liegen die Bewohner.
Selbst jene, die der kurzen Sommernacht
Langsame Stunden schlummerlos gezählt,
Im Seelenaufruhr hin und her sich werfend –
Selbst jene hat des Morgens Schauer jetzt
Zur Ruh' gebracht ...
Noch eine Stunde. Dann ein erster Ruck –
Und nach und nach belebt sich dieses Schweigen.
Emporgerüttelt aus dem kurzen Schlaf
Der Arbeit hat die Pflicht den Dienertroß.
Mit unvergnügter Hast geht er an's Tagwerk,
Indeß verschlaf'ne Bonnen, leisen Fußes,
Vorsorglich seid'nen Kinderbetten nah'n,
Und gähnend ihre Brust die träge Amme
Dem Säugling reicht, der schon nach ihr gewimmert.
Und später dann, von einsam öden Lagern,
Aus öden Träumen, heben seufzend sich
Empor die Lehrer und die Gouvernanten,
Die mit ergrau'nden Häuptern immer noch
Als lebende Vocabelntrichter wandeln.
Sie schlüpfen rasch in abgenützte Tracht
Und blicken in den Hof stumpfsinnig nieder,
Wo wiehernd schon die stolzen Rosse stampfen
Der stolzen Herren, die mit Sporngeklirr
Zum Morgenritt hinab die Treppen eilen.
So Jung, wie Alt. Mit leerer Stirn die Einen
Und leerem Herzen; And're kühnen Geistes,
Die Brust zerwühlt vom Drang der Leidenschaften,
Von Herrschsucht, Ehrgeiz, Eifersucht und Haß,
Die Brau'n gefaltet und durchfurcht das Antlitz
Von Sorgen des Besitzes und der Macht,
Von Sorgen, die schon früh die Haare bleichen,
Doch auch zum Widerstand die Glieder stählen ...
Schon blitzt es gold'ger um das Laub des Parks;
Thaufrischer Rosen Duft dringt süß durch Fenster,
So man geöffnet leise zur Erquickung
Für heiße Stirnen, die auf Spitzenkissen
Im Wachen noch fortträumen jene Träume,
Wie sie die Frauen träumen ...
Allgemach
Bewegen weiße Arme sich und Schultern,
Und von dem Schnee der Linnen richtet sich
In unbelauschter Pracht die Schönheit auf,
Hier im Erblühen – dort schon im Verblüh'n.
Stets höher steigt die Sonne. Würzig duften
Jasmin und Nelke. Heimgekehrt, erhitzt,
Ist schon die Reiterschaar. Einladend blinken
Unter Platanenwipfeln Silberkannen,
Von holden Lippen tönen Morgengrüße,
Es strecken zarte Hände sich entgegen
Zum Druck und Kuß; von Stimmen wird es laut,
Es klirren Tassen – und nun rollt der Tag
Durch jedes Leben dieser Welt im Kleinen,
Der Tag mit seinem Schicksal – bis sich wieder
Zum Schlummer sanft das letzte Aug' geschlossen.
|
|