Ïðî÷èòàíèé : 262
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Êðèòèêà
Vaterländische Sonette
Die schweizerische Nationalität
Die Sprache ist das teure Jugendland,
Darin die Völker wachsen und gedeihen,
Das Mutterhaus, wonach sie sehnend schreien,
Wenn sie verschüttet sind auf fremdem Sand!
Sie ist ein glänzend, stahlgeschmiedet Band,
Wovon Tyrannenheere nicht befreien,
Dem sich die tiefsten, reinsten Kräfte weihen,
Die eine Nation je in sich fand!
Nur eines, eines ist noch mächtiger:
Das ist die Freiheit, der polit'sche Glaube,
Hier springt zum Teil die harte Völkerkette!
Hier trennen sich die Ströme kreuz und quer:
Versiegend schwindet der im alten Staube,
Und jener bricht sich kühn ein neues Bette!
2
Wie ist denn wohl der Diamant entstanden
Zu seiner unvergänglich festgeschloßnen Einheit,
Zu seiner ungetrübten, strahlenhellen Reinheit,
Verknüpft von so viel unsichtbaren Banden?
Wenn aus der Völker Schwellen und Versanden
Ein Neues sich zu einem Ganzen einreiht,
Lieb und Bedürfnis es zum Volke einweiht,
Wo Gleichgesinnte eine Heimat fanden:
Wer will denn da noch rütteln gar und feilen?
Zu spät! zu spät! schon ist's ein Diamant,
Der nicht mehr ist zu trüben und zu teilen!
Und wenn, wie man im Edelstein erkannt,
Darin noch kleine, fremde Körper weilen,
So sind sie fest umgossen und gebannt.
3
Warnung
Ja, du bist frei, mein Volk, von Eisenketten
Und von des Vorrechts unerhörter Schande,
Kein Adel schmiedet dich in schnöde Bande,
Und fröhlich magst du dir im Wohlstand betten.
Doch dies kann nicht dich vor der Knechtschaft retten,
Der schwarzen, die im weißen Schafsgewande
An allen Türen horcht im weiten Lande,
Wie Unkraut sich an jedes Herz will kletten.
Wenn du nicht kühnlich magst den Geist entbinden
Von allem Wust und tötender Umhüllung,
Nicht sorglich deiner eignen Einsicht pflegen:
Wird stets dein Feind die Tore offen finden,
All deiner Hoffnung raubend die Erfüllung,
Dein schön begonnen Werk in Asche legen.
4
Den Konservativen
»Ist wohl ein Volk, so frei von allen Plagen
- Die andrer Nationen Erbteil sind -
Ein blühender, glückselig Heldenkind
Als unser Schweizervölklein zu erfragen?
Und doch so fiebrisch seine Pulse schlagen!
Für seiner Freiheit reichen Segen blind,
Hascht übermütig es nach eitlem Wind;
Wann enden seine undankbaren Klagen?«
So sprechen, die mit tückischem Verlangen
Im Trümmerschutt der alten Babel schleichen,
Gehüllt in der Vernichtung Leichentuch!
Wir aber sprechen: »Ja, ihr falschen Schlangen,
Nur euch, nur euch gilt es noch zu erreichen,
Und aufgehoben ist der letzte Fluch!«
5
Epilog
»Das ist ein Schreier und ein dummer Prahler,
Ein müder Drescher auf gedroschnen Halmen,
Ein Räuchlein mehr in der Empörung Qualmen,
Ein Vielversprecher, jedoch schlechter Zahler!«
Gemach, gemach, Philistertroß, du kahler!
Nicht bei dir such noch find ich meine Palmen;
Säng ich gleich David auch die hehrsten Psalmen,
Sie würden durch dein Lob um soviel schaler!
Ich geb es zu, ich habe arg geschrieen,
Als trübes Echo von geweihtern Tönen,
Und nur die gute Sache mag mich tragen!
Doch ist's mein Herzblut, das ich ausgespieen,
Der Schlachtschrei, der beim Angriff muß erdröhnen,
Und auf ihn folgt ein scharfes stilles Schlagen!
6
Ihr nennt uns Träumer, Schwindler, junge Toren,
Wenn ehrlich wir nach Licht und Wahrheit streben:
Ja, euren Namen habt ihr uns gegeben;
So merket auf mit hochgehobnen Ohren!
Wir haben uns bescheidentlich erkoren,
Dem Volk zu lichten nur dies ird'sche Leben:
Ihr laßt verhungernd es gen Himmel schweben!
Wer sind die Schwindler nun? - Ihr, alte Toren!
Und wenn die Sterne uns geheim erzählen
Von ew'gem Frühling, von Unsterblichkeit:
Was geht das euch denn an in unsrer Zeit?
Wir lassen uns das Sonnenlicht nicht stehlen
Noch unsre Lampe, die die Nacht erhellt:
Denn uns gehört die ganze, schöne Welt!
7
Die Tellenschüsse
Ob sie geschehn? das ist hier nicht zu fragen;
Die Zierde jeder Fabel ist der Sinn.
Das Mark der Wahrheit ruht hier frisch darin,
Der reife Kern von allen Völkersagen.
Es war der erste Schuß ein Alleswagen,
Kind, Leib und Gut, an köstlichen Gewinn:
Blick her, Tyrann! Was ich nur hab und bin,
Will ich zum Kampf mit dir entgegentragen.
Und du kommst leer und heillos, wie du bist,
Und lässest fühllos dir am Herzen rütteln,
Und spiegelst höhnisch dich in meinem Blut?
Und immer: Nein!? - Verlaufen ist die Frist.
Verflucht sei seines Hauptes ewig Schütteln!
O zweiter, heil'ger Schuß, nun triff mir gut!
Goethe
»Nur Anmut! Ordnung!« tönt es immerdar!
Wer spricht von Ordnung, wo die Berge wanken?
Wer spricht von Anmut, während die Gedanken
Noch schutzlos irren mit zerrauftem Haar?
Noch kämpfen wir, durchringend Jahr um Jahr!
Noch tut uns not ein scharf und unschön Zanken,
Und durch des Zeitenwaldes wirre Ranken
Glänzt noch der Zukunft Au nicht gar zu klar!
Und Goethe ist ein Kleinod, das im Kriege
Man scheu begräbt im untersten Gewölbe,
Es bergend vor der rohen Feindeshand.
Doch wenn der Feind verjagt, nach heißem Siege
Holt man mit Jubelsang herauf dasselbe
Und läßt es strahlen von des Altars Rand.
Brentano, Kerner
»Was sind das für possierliche Gesellen
In blut'gen Laken und mit Räucherpfannen?
Ob sie nach Schätzen graben? Geister bannen?
Sie lassen sonderbare Töne gellen!
Und sahst du diesem rotes Blut entquellen,
Indes dem andren stille Tränen rannen?
Sie huschen leis, gespensterhaft von dannen
Auf dieser Zeiten grundempörten Wellen.
Auch scheinen sie ein hölzern Schwert zu tragen
Und um die Stirn ein üppiges Geflecht,
Wo zwischen Stroh die feinsten Rosen ragen?«
Sie ziehen gen die Sonne ins Gefecht -
's sind Dichter, Freund! So laß sie ungeschlagen,
Denn Dichter, weißt du, haben immer recht!
Herwegh
Schäum brausend auf! - Wir haben lang gedürstet,
Du Goldpokal, nach einem jungen Wein!
Da traf mit dir ein guter Jahrgang ein!
Wir haben baß getrunken und gebürstet!
Noch ist das Land vom Schergenzaun umhürstet,
Noch ist es nur ein schmucker Totenschrein,
Der schweigend harrt auf seinen Osterschein.
Zum Wecker bist vor allen du gefürstet!
Doch wenn nach Wettergraun die Sonne lacht
Und der Dämonen dunkle Schar bezwungen,
Zurückgescheucht in ihres Ursprungs Nacht:
Dann wird dein Lied, das jetzt so stark geklungen,
Erst recht erblühn in holder Frühlingspracht.
Nur durch den Winter wird der Lenz errungen!
Subjektives Dichten
Erst wollte ich mit vieler Mühe flechten
'ne lange Schnur von schläfrigen Terzinen,
Mit breitem Klatsch die Kläffer zu bedienen,
Die mit dem Ich in diesen Liedern rechten.
Der Teufel aber möge das verfechten,
Was solchen Langgeöhrten krumm erschienen!
Und feige wär's, nach jedes Narren Mienen
Zu drehen sich und gar das Lied zu knechten.
Ein wunderlicher Kauz ist der Poet,
Der das, was alle andern bloß empfinden,
Mit wunderlichen Worten sagen kann.
Wenn's unter seinem Namen besser geht,
Wie möget ihr ein Ärgernis da finden,
Ihr nüchternes Geschlecht: er, sie, es, man?
Der deutsche Freiheitskrieg
Das deutsche Volk mit seinem Löwenzorn,
Wie es Vernichtung schwur dem schlimmen Franken,
Hochschwanger ging mit kühnlichen Gedanken,
Begeistert aus der Freiheit Feuerborn,
Und wie es drauf mit scharfem Schrot und Korn
Den Feind zurückjug über seine Schranken,
In großer Heldeneintracht, ohne Wanken
Im Herzen stecken ließ den alten Dorn
Und dann im Jubel tät den Bund beeidigen:
Es mahnet mich an jenen närr'schen Tropf
- Das Gleichnis soll mitnichten euch beleidigen -,
Der, als die Laus ihn biß in seinem Schopf,
Sich gegen solche Plage zu verteidigen,
Mit Ingrimm kratzte an des Nachbars Kopf.
Auch an die »Ichel«
1
» Ich mach die Seelen selig, ich allein!«
Spricht Rom; lang hielt ich diesen Jammerspruch
Für das Erbärmlichste, was je ins Buch
Der Sünde schrieb das Erdenelend ein.
Da kommet ihr, euch würdig anzureihn,
Und sagt: »Ein Ende macht das Leichentuch!
Der Jenseitsglaube ist ein dürrer Fluch,
Hier laßt uns Hütten baun, hier ist gut sein!«
Auch ich glaub wandellos: Hier ist gut wohnen!
Auf! laßt uns sehn, wie wir zurecht uns finden:
Die Menschenseele ist zum Glück bestimmt!
Was aber ward aus all den Millionen,
Die bleich und siech von hinnen mußten schwinden? -
Wie unvernünftig euer Lichtlein glimmt!
2
Wer ohne Schmerz, der ist auch ohne Liebe,
Wer ohne Leid, der ist auch ohne Treu,
Und dem nur wird die Sonne wolkenfrei,
Der aus dem Dunkel ringt mit heißem Triebe.
Bei euch ist nichts als lärmendes Geschiebe,
In wildem Tummel trollt ihr euch herbei
Und meßt das Erdreich ohne heil'ge Scheu,
Als ob zu hoffen kein Kolumb mehr bliebe!
Euch ist der eigne Leichnam noch nicht klar,
Ihr kennet kaum den Wurm zu euren Füßen,
Die Blume nicht, die sproßt aus eurem Grab.
Doch hüpfet ihr und krönt mit Stroh das Haar,
Gedankenlos als Götter euch zu grüßen;
Der Zweifel fehlt - und das bricht euch den Stab!
3
Es ist nicht Selbstsucht und nicht Eitelkeit,
Was sehnend mir das Herz grabüber trägt;
Ich glaub, was mir die schöne Brücke schlägt,
Ist wohl der Stolz, der mich vom Staub befreit.
Sie ist so kurz, die grüne Erdenzeit,
Unendlich aber, was den Geist bewegt!
's muß wenig sein, was ihr im Busen hegt,
Da ihr hier gar so satt vergnüglich seid.
Und wenn auch einst die Freiheit ist errungen,
Die Menschheit hoch wie eine Rose blüht,
Auch nicht vom kleinsten Dorne mehr umschlungen:
So ist's ein Funke nur, der ärmlich sprüht,
Vom Feuer der Unsterblichkeit bezwungen,
Das in des Kindes kleinem Herzen glüht.
4
Wenn ein Poet ein Stück vom ew'gen Leben
Im Herzen trägt schon hier als Morgengabe,
Wenn in Verklärung alle Dinge schweben,
Die er berührt mit seinem Zauberstabe,
Und er den Blick nach dem, was überm Grabe,
Unsterblichkeitgetränkt, nicht mag erheben:
Oh, was er auch im Rausch gesungen habe -
Euch soll es drum kein gültig Zeugnis geben.
Wenn, sonnend sich auf seinem Maienthron,
Buntschillernd eine Schlange sich erhebt,
So ist sie mit den Blumen Poesie:
Jedoch der Atheist von Profession,
Der nur vom Atheismus-Knochen lebt,
Ist eine eingefleischte Blasphemie.
Reformation
Im Bauch der Pyramide tief begraben,
In einer Mumie schwarzer Totenhand
War's, daß man alte Weizenkörner fand,
Die dort Jahrtausende geschlummert haben.
Und prüfend nahm man diese seltnen Gaben
Und sät' sie in lebendig Ackerland;
Und sieh da, eine goldne Saat erstand,
An der sich Herz und Auge konnten laben!
So blüht die Frucht dem späten Enkelkinde,
Die mit den Ahnen schlief in Grabesschoß -
Das Sterben ist ein endlos Auferstehn!
Wer hindert nun, daß wieder man entwinde
Der Kirche Mumienhand, was sie verschloß:
Das Wort des Lebens! wieder es zu sän?
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