Ïðî÷èòàíèé : 120
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Òâîð÷³ñòü |
Á³îãðàô³ÿ |
Êðèòèêà
Die Näherin
Du sitzest in dem Kämmerlein
Bei blendend grellem Lampenschein
Und führst die Nadel als die Waffe,
Die Brot im Daseinskampf dir schaffe.
Ein Vöglein ätzest du mit Krumen,
Es teilt mit dir die dumpfe Luft,
In Töpfen ziehst du deine Blumen,
Ein wenig Sang, ein wenig Duft
Erfreuet dich im engen Raum,
Wo der Maschine emsig Schnurren
Dich wiegt in gleichgemuten Traum.
Und du erträgst es ohne Murren
Und weinst nur wenig stille Thränen,
Wenn alles, was du magst ersehnen,
Den Weg zu andrer Häuser sind't.
Du rüstest reicher Leute Kind
Zum Ballfest jene prächt'ge Robe,
Die seinen Frauenreiz erprobe;
Du fertigst, kaum nach einem Jahr,
Das Kleid zum Gang vor den Altar
Und bald zu aller Freuden Fülle
Des Täuflings bänderreiche Hülle.
Verengert sich der kleine Kreis
Der Leute, die dir nah', doch fremd,
Dann nähest du mit gleichem Fleiß
Am Trauerkleid und Totenhemd,
Und von der Wiege bis zum Sarg
Entlohnt man dir die Mühe karg.
Die Tritte, die das Rad geschnellt,
Gerechnet all zu Haufen,
Sie führten dich ans End der Welt,
Doch lassen nicht der Not entlaufen.
So lebst du Jahr' für Jahre gleich,
Es rührte deine Wange bleich
Nur selten freier Lüfte Hauch,
Und wenn dereinst man dich begräbt,
Wofür du wohl gelebt?
Weißt du es auch?
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