Es stünde mit der erden /
Wenn lieben solte werden
Von menschen abgethan /
Als wenn der sonnen-wagen
Dem leuchten wolt entsagen
Auff seiner himmels-bahn.
2.
Denn / ist auch zu ermessen /
Was täglich wird gefressen
Für volck / durch krieg und schwerdt /
Und was hierfür noch blieben /
Muß sonst / wie rauch verstüben /
Durch pest und brand verheert.
3.
Man fährt in grossen schaaren /
Nach so viel tausend jahren /
Noch durch des Charons meer /
Doch sind da keine wellen /
Die einen noch zur stellen
Hier brächte wieder her.
4.
Die sonne geht zwar nieder /
Kommt aber täglich wieder:
Der wald läst seine pracht /
Doch wird er wieder glänzen /
So bald im frischen lenzen
Die sonn ihn angelacht.
5.
Wie sich der mond verlohren /
So wird er auch gebohren;
Das meer laufft ab und zu;
Der aber kömmt nicht wieder /
Der sich nur einmahl nieder
Legt zu der langen ruh.
6.
Die welt wär untergangen /
Da sie kaum angefangen /
In ihrer kindheit schon /
Daß aber sie noch lebet /
Auch noch zu leben strebet /
Diß ist der liebe thun.
7.
Sie kan alleine machen /
Was nur von schönen sachen
Wird irgend angeschaut /
Durch sie hat müssen werden
Der himmel sammt der erden /
Fluth / lufft und gluth erbaut.
8.
Daß sich ein wald verjünget /
Daß hie ein vogel singet /
Daß hie wird wild gespürt /
Daß bäume früchte hegen /
Daß graß wächst durch den regen /
Die liebe solches rührt.
9.
Wenn alles diß zusammen
Durch hitz und macht der flammen
Wird werden rauch und wind /
Wird doch die liebe stehen /
Und ewig nicht vergehen /
Weil GOtt sie selbst entzündt.
10.
Er wird durch sie getrieben /
Die ewiglich zu lieben /
Die er ihm hat erwehlt /
Eh als die welt gegründet /
Mit allem was man findet /
Eh als man stunden zehlt.
11.
Alsdenn wird man erkennen
Was wir nur traum itzt nennen /
Wie sehr er uns geliebt:
Wie er sich uns verbunden /
Wenn er durch seine wunden
Uns ihm selbst wieder giebt.
12.
Was sey vom himmel steigen /
Sich vor dem menschen neigen /
Den er selbst hat gemacht:
Was sey frost / hitz erleiden /
Durst / hunger / schmach und neiden /
Von sündern seyn verlacht.
13.
Demnach der sich ergeben
Im liebes-joch zu leben /
Der irret gänzlich nicht /
Wenn er sich nur nicht mühet
Am joch der unzucht ziehet /
Die ausser dieser pflicht.
14.
Die böse lust verschwindet /
An welcher statt sich findet
Leid / seelen-weh und schand /
Ein ehlich leben bleibet
Leid traurigkeit vertreibet /
Bringt gutt gerücht im land.
15.
Ich acht halb derer leben /
Die sich nicht weiter geben /
Und müssen so davon:
Der seinen gutten nahmen
Hie erbt auff seinen samen /
Der lebt / und stürb er schon.