Ïðî÷èòàíèé : 133
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Òâîð÷³ñòü |
Á³îãðàô³ÿ |
Êðèòèêà
Lieder eines Sünders. 40. Sohn der Zeit.
Schon floh die Mitternacht. – Noch aber pocht's –
Durch meine Brust wie ein titanisch Wollen,
Das nach der That wie nach Erlösung dürstet –
Das vor der That wie vor der Hölle schaudert..
Ich fühle meine Schultern atlasstark,
Es blitzt mein Blick – es blüht mein junges Mark –
Wie ein Gigant möcht' aus den Angeln heben
Ich diese morsche, pestzerfressne Welt
Und einer neuen neues Leben geben,
Drin sich das Ew'ge makellos behält . . .
Nun lastet's auf mir wie Myriaden Sünden,
Die mich zerschnüren und zerstampfen,
Wie Wahnsinnsfratzen mir das Hirn umdampfen,
Wie Hurenatem meine Seele schinden . . .
So such' ich, schwärmend in des Weltalls Weiten,
Vergangenheit und künft'ge Ewigkeiten –
Durchfühlend auf sekundenkurzer Spur,
Vor mir zu flieh'n in göttergroßem Wagen,
In männlich starkem, freiem Weltentsagen –
Und nie entrinnst du dir, o Creatur! . . .
Es ekelt mich der Menschheit Würmerbrut –
Nun wächst mein Herz in der Begeistrung Glut –
Sie gleitet hin wie kraftlos flücht'ge Wellen,
Die aufwärts steigen, wieder zu zerstäuben –
Sich einen Augenblick
In namenlosem Glück
Als Weltenspiegel zu betäuben . . .
Das macht: ich bin – o grenzenloser Hohn! –
Ich bin der Zeit getreuer, echter Sohn!
Ich muß die Wunden fühlen, die ihr Leib
Wie ein zerschändet, ehrenloses Weib
Mit sich herumschleppt, prunkend bald –
Bald schamgekrümmt – – ich muß – ich muß
Sie fühlen, wie der Dichter nur sie fühlt,
Dem Nichts den Feuerfraß der Schmerzen kühlt,
Den die Dämonen kreuz'gen mit dem Kuß . . .
* * *
Wie Christus, Dante, Michel Angelo,
Die Riesen, unbegreiflich vor mir ragen,
Ragt auch in diesen dunklen Zweiflertagen
Vor mir der Zeit tiefinnerstes Geheimniß . . .
Ich kann es fühlen – und doch nicht begreifen,
Sein Wesen spür' ich durch die Seele zittern,
Doch find' ich nicht die Lösung, die es tilgt . . .
Es schürt in mir – sein Atem sä't Verderben,
Die Brandung schreit – und Stürme, sie erschüttern,
Entwurzeln mich – doch ob die Brust auch brüllt,
Nach Wahrheit, wie der Leu nach Freiheit brüllt,
Den sie gefangen hinter Eisengittern:
Die Sehnsucht meiner Seele wird doch nie gestillt . .
Der Zeit Geschwüre kann ich nicht verwinden –
Es lasten auf mir ihre harten Sünden –
Ich bin der Sohn der Zeit – doch ach! ihr Götter! –
Ich bin ihr Sohn – doch nicht ihr Retter! . . .
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